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Auto lackieren und Lackierkabine selber bauen

Published on
December 11, 2024

Das Campingfenster unseres Defenders war für den geplanten Ausbau-Grundriss an der falschen Stelle. Daher mussten wir die linke Seitenwand tauschen. Man kann aber nicht einfach eine Platte in der richtigen Farbe kaufen, sondern sie muss entsprechend lackiert werden. Das Problem dabei: Der Defender hat keine Stahlkarosserie, sondern besteht in großen Teilen aus Aluminium. Das klingt erstmal cool, weil er nicht rostet, aber beim Lackieren verhält sich Alu anders. Da es eine natürliche Oxidschicht bildet, muss sie vor dem Lackieren durch Schleifen entfernt werden. Zusätzlich ist Aluminium ein Nichteisenmetall, das grundsätzlich schwerer zu lackieren ist als Stahl und eine spezielle Grundierung benötigt, um eine optimale Haftung der weiteren Lackschichten zu gewährleisten.

Dose in die Hand und los

Unseren ersten Anlauf unternahmen wir mit der Sprühdose. Kann ja nicht so schwer sein, dachten wir. War es aber. Der Farbauftrag, den wir einfach in der Werkstatt machten, war ungleichmäßig, es gab etliche Staubeinschlüsse und ehrlich gesagt sah es einfach nicht nach einer Auto-Lackierung aus, sondern nach einem unglücklichen Baumarkt-Garagenprojekt.

Fließbecherpistole mit Luftdruck

Also haben wir uns informiert, womit die Profis arbeiten und uns für den 2K-Lack von MIPA entschieden. Dieses Mal sollte das Ergebnis sauber werden – keine Staubpartikel, keine Flecken. Und dafür braucht es eine Lackierkabine, sowie besseres Lackierequipment. Wir arbeiten also von nun an mit einer Fließbecherpistole*mit Wasserabscheider* und einem Kopressor*.

Für Alu benötigt man eine Grundierung mit entsprechendem Härter*, sowie den Farblack mit passendem Härter*. Wir haben die Farbe 818 Flame Red genutzt. Wie die Farbe des eigenen Wagens bezeichnet ist, steht auf dem Typenschild. Das ist meist ein kleines Metallschild, das zum Beispiel an der B-Säule, im Motorraum oder manchmal auch im Kofferraum angebracht ist. Dort steht ein Farbcode, über den man die exakt Farbe herausfinden kann. Achtung: Im Fahrzeugschein findet sich zwar die Farbbezeichnung, meist aber nicht der exakte Farbcode. Je nach Temperatur, sollte dem Farblack auch noch Nitroverdünnung* beigemischt werden. Ist es zu warm, kann der Lack ansonsten zu schnell trocknen und die Fließbecherpistole verstopft. Das richtige Verhältnis ergibt sich aus den Produktinformationen. Die Verdünnung ist auch gut, um die Pistole nach dem Lackieren zu reinigen. Ebenfalls nützliches Zubehör sind Lackmischbecher* mit Verhältnisanzeige und Farbrührstäbe*. Eine Liste mit denm gesamten Equipment findest du auch nochmal am Ende des Beitrags.

Das Ergebnis unserer Lackierarbeit

Die DIY-Lackierkabine

Echte Lackierkabinen sind leider nicht nur teuer, sondern in der Größe für einen Defender fast utopisch. Es gibt zwar mobile aufblasbare Lösungen, zum Beispiel von VEVOR*. Luft wird reingepumpt, es herrscht leichter Überdruck, Staub bleibt draußen – richtig clevere Technik. Aber die Größe, die wir gebraucht hätten, war uns zu teuer. Also haben wir selbst Hand angelegt und aus Holzresten und Gittern (so Bauzäune eignen sich super) eine Art Käfig zusammengezimmert. Mit Folie ausgekleidet entstand unser "Kabinenzelt“. Kleiner Tipp: je besser die Folie, desto stabiler und länger hält das Ganze. Die Anfangs dünne Folie bekam schnell Risse, weshalb wir letztendlich mit mehreren Schichten und einer stabilen Außenfolie gearbeitet haben. Für den Boden war Folie sowieso keine gute Idee, die ist gleich kaputt gegangen. Viel besser war Malerfließ*  – das kann man außerdem mit einer Sprühflasche nass machen, was gleichzeitig den Staub im Raum bindet. So landen keine Fussel auf dem Werkstück.

Die Lackierkabine im Aufbau

Frischluft ist alles

Die größte Herausforderung beim Lackieren ist nicht die Farbe selbst, sondern die Luft. Ohne Bewegung bleibt der ganze Staub im Raum stehen und setzt sich auf den frischen Lack.

Daher haben wir gebraucht einen riesigen Ventilator für 50 € geschossen. Über Starkstrombetrieben, bläst derlocker 2000 Liter pro Minute – das Ding ist eher ein XXL-Föhn und super laut. Aber er macht seinen Job. WIr haben ihn so angebaut, dass er Luft in die Kabine hinein pumpt. Vorne kam noch ein Filter dran, damit kein Staub mit angesaugt wird. Und weil die Luft ja auch wieder raus muss, habe ich ein etwa 1 m² großes Loch in die Folie geschnitten und einen Paintstop-Filter* davorgeklebt. So werden die Farbpartikel abgefangen und die Luft kann wieder austreten.

Ein Wort zur Sicherheit

2K-Lack ist kein Spaß. Die Dämpfe sind hochgiftig für die Gesundheit und in der Profi-Lackiererei wird mit Unterdrucksystemen gearbeitet, die den Staub akribisch absaugen. Das ist im DIY-Bereich nur schwer umsetzbar.

Daher haben wir mit dem Ventilator so viel Frischluft wie möglich reingeblasen und eine 3M-Maske benutzt. Mit dem passenden Filter riecht man nichts von den Dämpfen – aber man sollte sich bewusst sein, dass man hier nicht mit Acrylspray hantiert, sondern mit wirklich gefährlichen Stoffen. Daher sollte man zum lackieren auch Chemikalienschutz Handschuhe, sowie einen Schutzanzug, Atemmaske und Augenschutz tragen.

Kostencheck

Bevor das Projekt gestartet ist, haben wir mal bei einer Lackiererei angefragt. Die wollten ca. 80 € pro Quadratmeter haben. Ehrlich gesagt: Für das eine Seitenteil wäre es deutlich billiger und auch besser im Ergebnis gewesen, die Profis ranzulassen. Allerdings wollten wir auch einfach lernen, wie man lackiert und der ganze Prozess hat echt Spaß gemacht. Außerdem müssen wir unter anderem auch noch unser Dach lackieren, das wir gerade neu machen. Wenn ihr nur kleinere Jobs vorhabt, solltet ihr aber bedenken, dass es wahrscheinlich gunstiger ist das machen zu lassen. Besonders, wenn man ein vorbereitetes Teil abgibt, das schon grundiert und geschliffen wurde.

Equipment-Liste

Fließbecherpistole*
Wasserabscheider*
Kopressor*
Grundierung mit entsprechendem Härter*
Farblack (818 Flame Red)
Härter für Farblack*
Lackmischbecher*
Farbrührstäbe*
Chemiehandschuhe
Paintstop-Filter*
Ventilator
Malerfließ
Folie
Schutzanzug
Atemmaske
Schutzbrille